Feedback mit Tempo: Willkommen beim Speedback!

Feedback mit Tempo: 
Willkommen beim Speedback!

„Nicht gemeckert ist genug gelobt!“ – das scheint immer noch in vielen Firmen das Motto zu sein, wenn es um das Thema Feedback geht. Meist hat zwar jeder Mitarbeitende ein jährliches Feedbackgespräch mit seiner disziplinarischen Führungskraft. Aber zum einen ist einmal im Jahr aus meiner Sicht viel zu selten für solch ein Gespräch.  Und zum anderen ist in Unternehmen, die mit selbstorganisierten Teams arbeiten, die disziplinarische Führungskraft häufig sehr weit von der täglichen Arbeit der Teams entfernt. „Ich habe meinen Vorgesetzten erst einmal am Ende meiner Probezeit gesehen“, sagte mal ein Mitglied eines Teams, das ich als Agile Coach begleitet habe.

Schade – denn so wenig und selten Feedback zu geben und zu erhalten, lässt wichtige Chancen für Weiterentwicklung ungenutzt. Gleichzeitig birgt es das Risiko, dass Konflikte oder Unzufriedenheit lange unentdeckt bleiben – bis irgendwann Mitarbeiter:innen frustriert das Weite suchen und kündigen. Ein Mangel an Feedback kann außerdem für Unsicherheit bei den Mitarbeitenden sorgen, gerade wenn deren Selbstwert eher gering ist: Mache ich alles richtig? Sind die anderen zufrieden mit meiner Arbeit? Das Impostor Syndrom lässt grüßen…

Psychologische Sicherheit und Einzelgespräche

Als Agile Coach ist es natürlich meine Aufgabe, im Team eine gute psychologische Sicherheit zu fördern, so dass Konflikte und Probleme offen in den Retrospektiven thematisiert werden können. Ich baue in die Retros auch immer wieder Formate ein, die explizit dazu einladen, anderen Teammitgliedern gegenüber Wertschätzung auszusprechen. 

Um auch heikleren Themen Raum zu geben, führe ich außerdem regelmäßig Einzelgespräche mit allen Teammitgliedern (z. B. alle 4-6 Wochen für eine halbe Stunde oder Stunde, je nach Bedarf). In diesen Gesprächen kann zumindest ich dem Teammitglied Feedback geben und selbst Feedback zu meiner Arbeit als Agile Coach erhalten. Allein, auch meine Perspektive ist hierbei natürlich begrenzt. Da ich selbst in der Regel nicht operativ im Team mitarbeite, kann ich Arbeitsergebnisse nicht gut beurteilen. Und da ich nicht an jedem Meeting teilnehme, ist auch mein Einblick zur Interaktion mit anderen Teammitgliedern lückenhaft.

Feedback auf Speed

Zum Glück habe ich vor einiger Zeit ein Format entdeckt und in meinem Team eingeführt, das hier Abhilfe schafft: Das Speedback.

Speedback bietet einen strukturierten Rahmen, in dem sich Teamkolleg:innen auf vertrauensvolle Weise untereinander Feedback geben können. Der Name erinnert nicht nur zufällig an Speed-Dating. 😉 Genauso wie beim Speed-Dating werden beim Speedback Zweiergruppen gebildet, deren Mitglieder sich für eine festgelegte Zeitspanne gegenseitig Feedback geben. In der ursprünglichen Idee des Speedbacks gibt jedes Teammitglied jedem anderen Teammitglied Feedback. Damit das Ganze jedoch nicht in Stress ausartet (und in den erfahrungsgemäß knappen Zeitplan eines Softwareentwicklungsteams passt), habe ich das Originalkonzept etwas modifiziert. Im Folgenden beschreibe ich meine Vorgehensweise für ein Team-Speedback.

Ablauf eines Speedbacks

Die Einladung versenden

In der Regel ist ein Speedback bei mir eingebettet in einen längeren Teamworkshop oder eine Retro. Damit die Teammitglieder wissen, was auf sie zukommt, erkläre ich in der schriftlichen Einladung schon einmal den Ablauf des Speedbacks und welche Chancen es bietet. Feedback kann ein Geschenk sein, dass mir verborgene Stärken zeigen, aber mich auch auf mögliche „blinde Flecken“ hinweisen kann.

Ich betone hierbei allerdings auch den Aspekt der Freiwilligkeit: Wer nicht mitmachen möchte, ist nicht dazu verpflichtet. Es gibt Phasen im Leben, in denen man vielleicht gerade in keiner guten Verfassung ist, um Feedback aufzunehmen.

In die Einladung füge ich auch Fragen zur Orientierung für das Speedback ein, wie zum Beispiel

  • Was klappt in der Zusammenarbeit gut (inhaltlich + persönlich)?
  • Was ist die größte Stärke des anderen?
  • Warum arbeite ich mit ihr/ihm gerne zusammen?
  • Was könnte in der Zusammenarbeit (inhaltlich + persönlich) besser laufen?
  • Welchen Wunsch oder Vorschlag habe ich für sie/ihn?

Feedbackpartner zuordnen

Feedback geben und nehmen ist anstrengend – gerade, wenn man vielleicht noch wenig Routine darin hat. Und es braucht Zeit, die im Daily Business oft schwierig freizuräumen ist. Daher schränke ich die Anzahl der Feedbackpartner für das Speedback ein. Jedes Teammitglied tauscht sich nur mit zwei bis drei anderen Personen aus dem Team aus. Im nächsten Speedback, das idealerweise mit wenigen Wochen oder Monaten Abstand stattfindet, achte ich darauf, dass sich die Paarungen nicht wiederholen. So werden die Speedbacks insgesamt kürzer, aber bleiben durch kürzere Zeitabstände trotzdem effektiv.

Feedback zu geben, erfordert außerdem eine gewisse Vorbereitung. Im hektischen Alltagsgeschäft haben wir häufig nicht die Ruhe, gründlich über die Zusammenarbeit mit einzelnen Personen im Team zu reflektieren und hierbei auch auf kritische Punkte zu schauen. Deshalb ordne ich die Feedbackpartner schon ein bis zwei Wochen vor dem Speedback-Termin zu und kommuniziere die Zuordnungen an das Team. So kann sich jeder und jede schon einmal in Ruhe Gedanken machen. Ich ermuntere in der Einladung die Teilnehmenden, sich vorab Notizen zu machen und diese in den Speedback-Termin mitzubringen.

Feedbackregeln erklären

Bevor das Speedback startet, erkläre ich in dem Termin noch einmal die wichtigsten Feedbackregeln und visualisiere diese auch auf einem Flipchart bzw. Online-Whiteboard (siehe Abbildung). Ohne klare Regeln wird das Feedback möglicherweise unklar, verletzend oder bringt niemandem etwas – und das kann mehr schaden als nutzen. Mit expliziten Feedbackregeln schaffe ich einen sicheren Rahmen und trage so zu einer vertrauensvollen Atmosphäre bei. Folgende Regeln haben sich für die Speedbacks bewährt:

Regeln für Feedbackgeber

Ich gebe Feedback…

… auf Augenhöhe und wertschätzend.

… bezogen auf Verhalten und nicht auf persönliche Eigenschaften.

… anhand konkret Situationen und aus der Ich-Perspektive.

… möglichst zeitnah (nicht „Damals vor sechs Monaten, da hast du…“).

… so, dass den anderen nicht verletzt oder demotiviert.

Regeln für Feedbacknehmer

Wenn ich Feedback bekomme, dann…

… höre ich offen zu und stelle Verständnisfragen.

… nehme ich es nicht persönlich und rechtfertige mich nicht.

… sehe ich es als Lernchance.

… entscheide ich selbst, was ich mit dem Feedback mache (Ich muss nicht jedes Feedback annehmen!)

Flipchart mit beispielhaften Feedbackregeln

Speedback durchführen

Die Durchführung des Speedbacks selbst ist dann denkbar einfach. Eine Speedback-Runde dauert 15-20 Minuten. Erst gibt die eine Person der anderen Person einer Zweiergruppe Feedback, dann wird gewechselt. Um die Gruppen beim Zeitmanagement zu unterstützen, sage ich den Wechsel laut an.

Nach zwei bis drei Speedback-Runden (abhängig von der Anzahl der Feedbackpartner) mache ich mit der gesamten Gruppe ein kurzes Debriefing:

  • Wie ist es euch ergangen?
  • Was ist euch leichtgefallen, was schwer?
  • Was würdet ihr nächstes Mal anders machen?
  • Welche Verbesserungsvorschläge habt ihr?

Falls notwendig, können hier auch problematische Erlebnisse während des Speedbacks angesprochen und geklärt werden.

In der Regel blicke ich aber in strahlende Gesichter und sehr ein Team vor mir, das sich durch das Speedback noch ein bisschen besser kennengelernt hat.

Habt ihr jetzt vielleicht selbst Lust bekommen, mit eurem Team einmal ein Speedback durchzuführen? Schreibt mir gern, falls ihr euch dabei Unterstützung wünscht!


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